Illegale
Beschäftigung
Haie und kleine
Fische
Schwarzarbeit und illegale
Beschäftigung vernichten Arbeitsplätze und belasten die
Sozialkassen. Ein von der Bundesregierung eingebrachtes Gesetz
schafft ab 1. August 2002 die Grundlage für engmaschige Kontrollen,
härtere Sanktionen und eine bessere Zusammenarbeit der
Verfolgungsbehörden. Ziel dieses und einer Reihe weiterer Gesetze
ist es vor allem, das Lohndumping und die illegale Beschäftigung auf
den Baustellen zurückzudrängen.
Wenn es heiß ist in Berlin,
strömen nicht nur die Durstigen und Sonnenhungrigen in die
Biergärten. Auch die 330 Ermittlerinnen und Ermittler der
Zentralstelle zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigtung des
Landesarbeitsamtes machen sich auf die Suche nach belebten
Gaststätten. Was sie dort finden, müsste den Berlinern die Lust auf
ihre Molle vergehen lassen: Fast ein Drittel der kontrollierten
Saisonkräfte verdiente 2001 sein Geld schwarz, während nebenher noch
Leistungen vom Arbeitsamt oder Sozialhilfe flossen. Viele
Ausländerinnen und Ausländer hatten keine Arbeits oder
Aufenthaltserlaubnis. Manchen fehlte beides. Der Schaden ist enorm.
10000 Arbeitsplätze, die durch illegale Beschäftigung und
Schwarzarbeit nicht zustande kommen, bedeuten für die
Sozialversicherungen etwa 112 Millionen Euro Verlust, die
Finanzämter hatten 48 Millionen Euro weniger in der Kasse.
Baubranche im Visier
Gaststätten, Taxiunternehmen, Speditionen - und
immer wieder Bauunternehmen. "Der wesentliche Teil der
Schwarzarbeit," schätzt Klaus Wiesehügel, Vorsitzender der IG BAU,
"ist organisierte Schwarzarbeit." Deshalb konzentrieren sich die
Maßnahmen der Bundesregierung vor allem auf diesen Bereich. Das
"Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung
und Schwarzarbeit" tritt am 1. August in Kraft. Es ist der Höhepunkt
einer Reihe von Beschlüssen, Gesetzen und Intitiativen zur
Bekämpfung von Lohndumping und unfairen Arbeitsbedingugen (siehe
Kasten unten).
Die neuen Regeln
Das neue Gesetz legt den Schwerpunkt auf schärfere
Strafen, effizientere Kontrolle und die Stärkung der
Verfolgungsbehörden. Generalunternehmerhaftung Im
Baubereich haften künftig Generalunternehmen, wenn von ihnen direkt
beauftragte Subunternehmer keine Sozialversicherungsbeiträge
abführen. Das gilt für Arbeiten an Bauwerken, bei denen der Wert der
Bauleistungen 500 000 Euro übersteigt. Für den Mindestlohn, der an
die Beschäftigten des Subunternehmers gezahlt werden muss, haftet
das Generalunternehmen ebenfalls.
Quelle: IAW
Für Subunternehmer der zweiten Stufe
(Subsubunternehmer) haftet der Generalunternehmer nur dann, wenn er
einen "Strohmann" als ersten Subunternehmerzwischengeschaltet hat.
Ein Beispiel: In Berlin wurde im vergangenen Jahr ein türkischer
Bauunternehmer festgenommen. Er hatte Drogen- oder Alkoholsüchtige
dazu benutzt, fünf Scheinfirmen zu gründen, in denen dann 68
Bauarbeiter illegal beschäftigt wurden. Öffentliche
Aufträge Wer gegen die Vorschriften über illegale
Beschäftigung und Schwarzarbeit verstößt, muss mit dem Ausschluss
von der Vergabe öffentlicher Aufträge für die Dauer von bis zu drei
Jahren rechnen. Der drohende Ausschluss wird manchen Unternehmer zum
Umdenken veranlassen. Dies wird einen weiteren Beitrag zu einer
Selbstreinigung der Baubranche leisten. Dieses Instrument könnte
noch effektiver wirken, wenn alle öffentlichen Auftraggeber auf ein
zentrales Register für "Schwarze Schafe" der Baubranche
zurückgreifen könnten. Die Einrichtung eines solchen
"Korruptionsregisters" wurde aber von den unionsregierten Ländern im
Bundesrat gestoppt. Bessere Zusammenarbeit Die
Bekämpfung der illegealen Beschäftigung liegt in den Händen der
Arbeitsämter und der Hauptzollämter. In der Regel kontrollieren die
Zollbehörden vor allem die Baustellen, die Arbeitsämter die
Gaststätten und Hotels. Die Schwarzarbeit wird von den Behörden der
Bundesländer bekämpft. Durch das neue Gesetz wurde die
Zusammenarbeit aller Behörden, die an der Bekämpfung illegaler
Beschäftigung beteiligt sind, erheblich verbessert. Mitwirken bei
der Bekämpfung illegaler Beschäftigung werden in Zukunft auch die
Sozialhilfeträger und die für die Leistung nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz zuständigen Behörden. Sie werden in den
Informationsfluss mit einbezogen. Sie dürfen jetzt auch - wie
Arbeitsämter und der Zoll - Betriebe und Grundstücke betreten, um
Beschäftigte zu kontrollieren. Wer als Sozialhilfeempfänger bei der
Schwarzarbeit erwischt wird, wird dem Sozialhilfeträger in Zukunft
gemeldet. Die Finanzämter müssen die Bekämpfungsbehörden von den
Verhältnissen des Steuerpflichtigen unterrichten, wenn das für die
Bekämpfung der illegalen Beschäftigung erforderlich
ist. Härtere Sanktionen Die Bußgeldrahmen werden erhöht
und die Straftatbestände erweitert. Illegale Beschäftigung von
Ausländern kann mit einem Bußgeld von 500.000 Euro geahndet werden.
Illegale Ausländerbeschäftigung ist bereits dann eine Straftat, wenn
mehr als fünf Ausländer illegal beschäftigt werden. Einfache
Abrechnung Wenn bei illegaler Beschäftigung Steuern und
Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt wurden, schreibt das
Gesetz vor, dass das gezahlte Arbeitsentgelt als Nettoarbeitsentgelt
anzusehen ist. Damit wird die Abwicklung aufgedeckter Fälle
erleichtert. Bessere Kontrolle Der
Sozialversicherungsausweis sowie die Pflicht des Arbeitgebers zur
sofortigen Anmeldung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der
Sozialversicherung wird künftig auch auf Unternehmen der
Forstwirtschaft erstreckt.
Lexikon
Was ist Schwarzarbeit?
Schattenwirtschaft, Schwarzarbeit, illegale
Beschäftigung. In den Medien und in der öffentlichen
Diskussion werden diese Begriffe meist gleichgesetzt. Um etwas
mehr Licht in die Grauzone zu bringen, ist es wichtig, die
Tatbestände genau zu unterscheiden:
Schwarzarbeit ist juristisch
genau bestimmt. Schwarz arbeitet, wer Dienst- oder
Werkleistungen in erheblichem Umfang erbringt also
selbtstständig tätig ist - aber:
-
gleichzeitig Sozialleistungen bezieht,
und die Leistungsstelle nicht von seiner Tätigkeit und
seinen Einkünften unterrichtet, oder
-
selbstständig arbeitet, ohne ein Gewerbe
angemeldet zu haben, oder
-
ein Handwerk ausübt, ohne in die
Handwerksrolle eingetragen zu sein. Schwarzarbeit ist eine
Ordnungswidrigkeit. Sie kann den Schwarzarbeiter und den
Auftraggeber ab 1. August eine Geldbuße bis zu 300 000 Euro
kosten. Doch damit ist es nicht getan. Meist macht man sich
mit Schwarzarbeit auch der Steuerhinterziehung schuldig.
Darauf stehen Geld- oder Freiheitsstrafen.
Illegale Beschäftigung von
Ausländerinnen und Ausländern aus Ländern, die nicht zur EU
gehören, wird von der Schwarzarbeit unterschieden. Hier nimmt
das Gesetz vor allem die Arbeitgeber in die Verantwortung. Wer
-
ausländische Arbeitnehmer ohne
Arbeitsgenehmigung beschäftigt,
-
mit falschen Angaben eine
Arbeitsgenehmigung für ausländische Arbeitnehmer
erschleicht,
-
als Auftraggeber einen Subunternehmer
beschäftigt, von dem er weiß, dass er Ausländer ohne
Arbeitsgenehmigung beschäftigt,
muss mit einer Geldbuße bis zu 500 000 Euro
rechnen. Den ausländischen Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern ohne Arbeitsgenehmigung droht eine Geldbuße bis
5 000 Euro und die Ausweisung. Wer ohne Aufenthaltsgenehmigung
arbeitet, kann eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
bekommen.
Schattenwirtschaft ist der
weiteste und am schwersten zu fassende Begriff. Eine
einheitliche Definition gibt es nicht. Im Allgemeinen sind
alle privaten Aktivitäten gemeint, die zwar zur
gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung beitragen, aber nicht in
die Berechnung des Inlandsprodukts eingehen. Das kann
Schwarzarbeit sein, aber auch kriminelle Tätigkeiten wie
Drogenhandel oder illegale Beschäftigung. Zur
Schattenwirtschaft gehören auch Arbeiten von Unternehmen mit
legalen Beschäftigten, die am Finanzamt vorbei ausgeführt
werden (Brauchen Sie eine Rechnung?). Teilweise werden auch
legale Tätigkeiten wie Nachbarschaftshilfe hinzugezählt.
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Im Brennpunkt
Faire Arbeitsbedingungen
Ein Schwerpunkt der illegalen Beschäftigung
liegt in der Baubranche. Lohndumping und illegale
Ausländerbeschäftigung haben hier zum Abbau von regulären
Arbeitsplätzen geführt. Daher hat die Bundesregierung seit
1998 umfangreiche Gegenmaßnahmen ergriffen.
Haftung für Mindestlohn Seit 1999
haften Generalunternehmer im Baugewerbe, wenn einer ihrer
Subunternehmer seinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht
den Mindestlohn zahlt.
Mindestarbeitsbedingungen Ebenfalls
seit 1999 kann das Bundesarbeitsministerium im Baubereich per
Verordnung tariflich vereinbarte Arbeitsbedingungen auch für
nicht tarifgebundene Arbeitgeber vorschreiben. Der so
festgelegte Mindestlohn beträgt derzeit 9,80 Euro (West) oder
8,63 Euro (Ost). Das Bußgeld bei Verstößen wurde 2001 auf bis
zu 500000 Euro erhöht.
EU-Verhaltenskodex 1999 wurde auf
Initiative Deutschlands der EU-Verhaltenskodex verabschiedet.
Er regelt die Zusammenarbeit der Behörden bei
grenzüberschreitendem Missbrauch von Sozialversicherungen, bei
nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit und grenzüberschreitender
Leiharbeit. Seit September 2001 melden die Landesarbeitsämter
die Entsendung von ausländischen Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer auch an die Finanzämter.
Mehr Kontrolleure Die Bundesanstalt
für Arbeit beschäftigt etwa 3000 Kontrolleurinnen und
Kontrolleure. Das sind 200 mehr als 1998. Zu den 1100
Beschäftigten, die bei den Hauptzollämtern an der Bekämpfung
der illegalen Beschäftigung arbeiten, kommen 900 neue
Kolleginnen und Kollegen hinzu. |
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