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Handwerk

Zum deutschen Handwerk zählen diejenigen Gewerbebetriebe, die "handwerksmäßig" betrieben werden und zu einem der 94 Gewerbe gehören, die in der Anlage A zur Handwerksordnung aufgeführt sind, oder wesentliche Tätigkeiten aus diesen Gewerben ausüben.
Die 94 Gewerbe der Anlage A zur Handwerksordnung

Anders als in den meisten europäischen Ländern definieren also nicht Betriebsgröße, Beschäftigtenzahl oder Umsatzhöhe die Zugehörigkeit zum Handwerk. Die Anlage A zur Handwerksordnung unterscheidet sieben Gruppen vom Handwerksgewerbe:

  1. Bau und Ausbau
    (z.B. Maurer, Maler und Lackierer)
  2. Metall und Elektro
    (z.B. Kraftfahrzeugtechniker, Klempner, Elektrotechniker)
  3. Holz
    (z.B. Tischler, Parkettleger)
  4. Bekleidung, Textil und Leder
    (z.B. Damen- und Herrenschneider, Raumausstatter)
  5. Nahrungsmittel
    (z.B. Bäcker, Fleischer, Müller)
  6. Gewerbe für Gesundheits- und Körperpflege sowie chemische und Reinigungsgewerbe
    (z.B. Augenoptiker, Friseure, Gebäudereiniger)
  7. Glas-, Papier-, keramische und sonstige Gewerbe
    (z.B. Glaser, Schriftsetzer; Drucker, Geigenbauer).

Die Anlage B zur Handwerksordnung führt 57 handwerksähnliche Gewerbe auf.

Änderung der Handwerksordnung (HwO) und weiterer gewerberechtlicher Vorschriften
Die Änderungen der Handwerksordnung (HwO) und weiterer gewerberechtlicher Vorschriften sollen den großen Befähigungsnachweis und die wirtschaftliche Entwicklung des Handwerks stärken, Existenzgründungen erleichtern, Arbeitsplätze sichern sowie Impulse für neue Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze geben. Die Inländerdiskriminierung wird abgebaut, strukturelle Hemmnisse werden beseitigt. Mit der Novelle werden nicht notwendige Regulierungen abgebaut.

Das Handwerk befindet sich in einer spätestens seit 1995 anhaltenden negativen Entwicklung. Die seit langem als Berufszugangsvoraussetzung bestehende Meisterprüfung hat jedenfalls seit 1953 keine nennenswerten Reformen erfahren. Die schwierige wirtschaftliche Situation des Handwerks hat im Wesentlichen strukturelle Ursachen.

Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Handwerken und von Handwerken gegenüber anderen Gewerben verhindern, dass Leistungen kundengerecht gebündelt und aus einer Hand angeboten werden können. Auch partizipiert das Handwerk teilweise kaum an der Entwicklung innovativer Bereiche. Deutschland ist neben Luxemburg das einzige europäische Land mit vergleichbaren Berufszugangsvoraussetzungen.

Die subjektive Berufszugangsschranke der Meisterprüfung erscheint angesichts der Entwicklung im Handwerk nicht mehr ausreichend durch die "Erhaltung des Leistungsstandes und der Leistungsfähigkeit des Handwerks und die Sicherung des Nachwuchses für die gesamte gewerbliche Wirtschaft" abgedeckt. Daher soll die Anlage A der HwO auf den Kreis der Handwerke beschränkt werden, bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter entstehen können. Damit wird der handwerkliche Befähigungsnachweis verfassungsrechtlich belastbar legitimiert.

Die Novelle soll das Handwerksrecht zukunftsfähig, zukunftssicher und europafest machen.

Durch die Reduzierung der Handwerke der Anlage A HwO auf solche Handwerke, bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter entstehen können, wird für zahlreiche Gewerbe das Erfordernis der Meisterprüfung als Berufszugangsvoraussetzung abgeschafft. Letztere werden als zulassungsfreie Handwerksgewerbe in der Anlage B Abschnitt 1 überführt. Damit wird Gewerbetreibenden in diesen Bereichen eine Selbständigkeit ohne obligatorischen Meistertitel ermöglicht. Insoweit werden Abgrenzungsprobleme innerhalb der in der Anlage A verbleibenden Handwerke und gegenüber den in die Anlage B überführten Handwerken sowie auch zwischen diesen beseitigt. Den Kunden kann ein breites Angebot von Leistungen aus einer Hand angeboten werden. Für Existenzgründer entfällt die Hürde der Meisterprüfung als Berufszugangsvoraussetzung, was sich positiv auf die Gründungsquote auswirken wird. Eine größere Anzahl neuer Kleinbetriebe wird zu einer besseren Versorgung der Kunden und Verbraucher beitragen. Außerdem wird ein Beitrag zur Steigerung der im europäischen Durchschnitt niedrigen Selbständigenquote von 9,3 % in Deutschland (im Gegensatz zu 12,3 % EU - Durchschnitt) geleistet.

Für die Handwerksgewerbe der Anlage B wird die Möglichkeit des fakultativen Meisters als Qualitätssiegel geschaffen. Der fakultative Meister kann sich im Wettbewerb ungehindert mit dem Gütesiegel der Meisterprüfung darstellen. Die Meisterprüfungskosten für die Handwerke der Anlage B werden, soweit die Möglichkeit des fakultativen Meisters nicht genutzt wird, entfallen. Soweit bisher zulassungsfreie Handwerke in Anlage B überführt werden, wird die bisher bestandene Inländerdiskriminierung vollständig beseitigt.

Die Zulassungsfreiheit zahlreicher bisher zum Vorbehaltsbereich gehörender Gewerbe wird zu mehr Wettbewerb führen.

Das Inhaberprinzip wird aufgehoben. Natürliche Personen und Personengesellschaften können handwerkliche Betriebe gründen und übernehmen, ohne dass sie selbst die handwerksrechtliche Befähigung besitzen müssen, wie dies bereits seit langem bei den juristischen Personen der Fall ist. Ausreichend ist, wenn ein Betriebsleiter mit Meisterbrief bzw. Ausnahmebewilligung eingestellt wird. Nachfolgeprobleme im Handwerk werden dadurch erheblich entschärft.

Gesellen der zulassungspflichtigen Handwerke der Anlage A mit 10-jähriger Berufserfahrung, davon 5 Jahre in herausgehobener, verantwortungsvoller oder leitender Stellung, erhalten einen Anspruch auf Eintragung in die Handwerksrolle. Die Ausbildung im Handwerk wird attraktiver, da der Gesellenabschluss mehr Perspektiven bietet. Ingenieure und Techniker werden unter erleichterten Bedingungen zur selbständigen Handwerksausübung zugelassen.

Die Ausbildungsleistung insgesamt wird durch die vorgesehenen Regelungen nicht beeinträchtigt. Vielmehr soll durch die Überführung zahlreicher Handwerksgewerbe in die Anlage B einschließlich der dazu gehörigen Ausbildungsverordnungen, die erhalten bleiben, die Ausbildungsleistung innerhalb der Anlage B erheblich verbessert werden. Dies dürfte für andere Gewerbe der Anlage B Anreiz sein, sich für eine Ausbildungsordnung einzusetzen.

  • Entwurf eines Dritte Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer gewerberechtlicher Vorschriften
    Download (PDF, 64 KB)
     
  • Begründung
    Download (PDF, 113 KB)
     
  • Ergänzender Gesetzentwurf zur Änderung des § 1 Abs. 2 Handwerksordnung
    Download (PDF, 37 KB)

Gesetzesvorhaben
Mit den Leipziger Beschlüssen des Bund-Länder-Ausschusses Handwerksrecht wurde die Gründung selbständiger Existenzen erleichtert, ohne den Großen Befähigungsnachweis in Frage zu stellen. Kern der Leipziger Beschlüsse ist eine Liste mit exakt definierten Tatbeständen für Ausnahmefälle nach § 8 Handwerksordnung. Der Nachweis der erforderlichen Fachkenntnisse und Fähigkeiten muss dabei in jedem Fall erbracht werden. Die Leipziger Beschlüsse stellen die Basis für eine ländereinheitliche, großzügige Gewährung von Ausnahmebewilligungen dar.

Das Handwerksrecht wird weiter an das EU-Recht angepasst. So wird die 3. EU-Anerkennungsrichtlinie, die die Niederlassung Selbständiger aus anderen EU-Staaten neu regelt, durch Änderung der entsprechenden nationalen Verordnung übernommen.

Nach Urteil des EuGH kann von Handwerkern aus anderen EU-Staaten, die Handwerksarbeiten in Deutschland grenzüberschreitend ohne inländische Niederlassung ausführen wollen, die Eintragung in die Handwerksrolle nicht mehr verlangt werden. Auch dies wird durch entsprechende Anpassung der nationalen Verordnung über die Handwerksausübung durch Personen aus anderen EU/EWR-Staaten sichergestellt.

Branchenskizze
Die knapp 674.000 Betriebe des Handwerks tragen mit rd. 10 % zur gesamtwirtschaftlichen Produktion bei und stellen somit einen wichtigen Sektor der deutschen Volkswirtschaft dar. Das Handwerk ist zudem ein bedeutender Arbeitgeber und bildet seit langem weit über den eigenen Bedarf hinaus für andere Gewerbezweige aus. Die Auszubildendenzahlen im Handwerk entwickelten sich in den letzten Jahren stärker zurück. Ein wesentlicher Grund hierfür war die ungünstige strukturelle Entwicklung vieler bedeutender Handwerkszweige (insbesondere Bau/Ausbau), die einen geringeren Bedarf an Berufnachwuchs zur Folge hat. Im Jahr 2001 gab es noch rd. 565.000 Ausbildungsverhältnisse, einem Anteil von rd. 33 % aller bestehenden Ausbildungsverhältnisse entsprechend.

Eckdaten des Deutschen Handwerks
Umsatz und Beschäftigte
Veränderungsraten gegenüber dem Vorjahr

Jahr

2001

2000

1999

Betriebe

674.000

682.000

685.000

Umsatz

-2,40 %

0,70 %

1,50 %

Beschäftigung

-3,90 %

-3,20 %

-3,4 %

Auszubildende

565.000

596.000

617.000

Branchenentwicklung 2001/2002
Das geringe gesamtwirtschaftliche Wachstum von 0,6 % wirkte sich 2001 entsprechend auf das Handwerk aus. Die ungünstige konjunkturelle Entwicklung wurde durch die anhaltende Strukturanpassung in Bauwirtschaft und KfZ-Gewerbe noch verschärft. So sanken die Umsätze gegenüber dem Vorjahr um -2,4 %. Der Beschäftigungsabbau hatte sich mit -3,9 % nochmals beschleunigt.

Die Konjunktur dürfte sich erst in der zweiten Jahreshälfte 2002 stärker bescheunigen und die Talsohle in der Bauwirtschaft erst in 2003 erreicht sein. Daher kann für das Jahr 2002 nur eine allmähliche Konsolidierung des Handwerks bei bestenfalls stagnierenden Umsätzen und sich verlangsamenden Beschäftigungsabbau erwartet werden.

Handwerksspezifische Förderprogramme
Die spezifische Gewerbeförderung für das Handwerk zielt auf die Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ab. Für die spezifische Gewerbeförderung für Handwerk und Mittelstand sind im Bundeshaushalt 2002 Mittel in Höhe von insgesamt rd. 142 Mio. € (inkl. des BMWA-Anteils Meister-BAföG) veranschlagt worden. Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen in der Technologieförderung, der beruflichen Aus- und Fortbildung sowie bei der Förderung von Beratungs-, Informations- und Fortbildungsveranstaltungen.

BMWA als Ansprechpartner in Sachen Handwerkspolitik
In der Abteilung II "Mittelstandspolitik, Handwerk, Dienstleistungen, Freie Berufe" sind insgesamt drei Fachreferate für die Belange des Handwerks zuständig:

  • Referat VIII B 1
    Analysen der Handwerkswirtschaft und Auswirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen und Gesetzesvorhaben auf das Handwerk.
     
  • Referat VIII B 2
    Gestaltung und Fortentwicklung des Handwerksrechts.
    Ansprechpartner: MR Schulze
    E-Mail: roland.schulze@bmwa.bund.de
     
  • Referat VIII C 5
    Programme der spezifischen Handwerksförderung.
    Ansprechpartner: MR Dr. Groß
    E-Mail: karl-heinz.gross@bmwa.bund.de
     

 
 

Weiterführende Informationen

Meisterprüfungen im Handwerk und "Meister-BAföG"

Meisterfeier der Handwerkskammer Südthüringen
Rede Bundesminister Dr. Müller am 8. Juni 2001 in Suhl.

Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) [www.zdh.de]

Weiterführende Publikationen

  • Best Practice im Handwerk - Innovative Unternehmensideen
    (Dokumentation 505, März 2002)
    Diese Dokumentation soll die konstruktive Diskussion im Handwerk fördern, um so zu weiteren zukunftsorientierten Entwicklungen anzuregen
     
  • Internet in Handwerksbetrieben Erfolgsfaktoren und Praxisbeispiele
    (Dokumentation 497, November 2001)
    Gemeinsam mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks und der Deutschen Telekom hat das BMWA den Internetpreis des Deutschen Handwerks ins Leben gerufen. Die vorliegende Dokumentation gibt einen Überblick über die innovativen Branchenlösungen der Sieger des Internetpreises des Deutschen Handwerks 2001.
     
  • "Leipziger Beschlüsse"
    Bekanntmachung der Beschlüsse des "Bund-Länder-Ausschusses Handwerksrecht" zum Vollzug der Handwerksordnung vom 21. November 2000