Für Ein- und Zweifamilienhäuser sind Belüftungsventile als Hauptlüftungsersatz zulässig, wenn eine Fallrohrentlüftung übers Dach geführt wird


Abwassernormen - Anwendungsbereiche
DWA (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser, und Abfall e.V.)
ATV (abwassertechnische Vereinigung e.V.)
DVWK (Deutscher Verband für Wasserwirtschaft und Kulturbau e.V.)

Da die Belüftungsventile nur bei Unterdruck öffnen, können keine Kanalgase austreten
Quelle: Dallmer
Rohrbelüfter in einer Anschlussleitung zur Vermeidung von Unterdruck durch unsachgemäßes 45°-T-Stück in Fallrohr. Der Einbau erfolgt in Fließrichtung vor dem letzten Entwässerungsgegenstand
Rohrbe- und Entlüfter - ventilair duplex

Quelle: Abu-plast Kunststoffbetriebe GmbH


Die DIN EN 12056 "Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden" und die DIN 1986-100 "Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke" regeln, wie Entwässerungsleitungen zu be- und entlüften sind. Das Ziel dabei ist es, sicherzustellen, dass Kanalgase ins Freie abgeführt werden und ein Druckausgleich im Entwässerungssystem herbeigeführt wird. Mindestens eine über das Dach geführte Hauptleitung als Hauptlüftung ist ein Bestandteil der Normen. Die Installation von evtl. notwendigen Nebenlüftungen ist in vielen Fällen schwierig und kostenintensiv, besonders bei Umbauten, Erweiterungen und Sanierungen in Altbauten. Bei unzureichender Belüftung werden Siphons leergesaugt und es entstehen Geruchsbelästigungen.
Die neue Abwassernorm (DIN 1986-100 [Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke - Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056]) erlaubt jetzt auch den Einsatz von Belüftungsventilen.
In den öffentlichen Abwasserkanälen und in den Gebäude- und Grundstücksentwässerungsanlagen entstehen Fäulnisgase, die sicher ins Freie abgeführt werden müssen.
Die Schmutzwasserfallleitungen (auch mit Verziehung) müssen im Haus mit mindestens einer Be- und Entlüftungsleitung über das Dach ausgestattet werden. Ohne ausreichende Entlüftung käme es zu anaeroben Zersetzungsprozessen, bei denen explosible und sehr aggressive Kanalgase entstehen können. Diese würden das Rohrmaterial angreifen und auch eine Gefahr für Personen verursachen. Die Entlüftung dienen also auch dem Schutz der in der öffentlichen Kanalisation arbeitenden Personen und dem vorbeugenden Korrosionsschutz der öffentlichen Abwasseranlagen. Damit dies sichergestellt ist, darf gemäß DIN 1986-100, Abschnitt 6.5.1 die Be- und Entlüftung einer Schmutz- oder Mischwasserleitung zwischen dem öffentlichen Abwasserkanal und der Lüftungsöffnung über Dach nicht durch Einbauten (z. B. Geruchverschlüsse) unterbrochen werden.
Bei einem durchschnittlichen Spülvorgang entsteht ein Unterdruck von ca. 0,5 bis 2,5 mbar im Abwassersystem. Diese Druckdifferenz muss durch eine Belüftung ausgeglichen werden. Wenn keine Luft zugeführt wird, dann sind leergesaugte Geruchverschlüsse vorprogrammiert. Damit noch genügend Sperrwasser im Geruchverschluss stehen bleibt, ist in der DIN 1986-100 ein maximaler Sperrwasserverlust von 25 mm Höhe zulässig.
Entwässerungssysteme müssen nicht nur belüftet, sondern auch entlüftet werden. Ohne ausreichende Entlüftung käme es zu anaeroben Zersetzungsprozessen, bei denen explosible und sehr aggressive Kanalgase entstehen können. Diese würden das Rohrmaterial angreifen und auch eine Gefahr für Personen verursachen.
 
In der DIN 1986-100 sind die neuen Einsatzbedingungen von Lüftungsventilen eindeutig geregelt. Wer eine Hauptlüftung durch ein Lüftungsventil ersetzt, kann das in folgenden Anwendungsfällen machen:
  •  Belüftungsventile können in Entlüftungsanlagen mit dem Hauptlüftungs-System als Ersatz für Umlüftungen oder indi-rekte Nebenlüftungen, die dem Abbau von Unterdruck im Leitungssystem dienen, eingebaut werden.
  •   In Ein- oder Zweifamilienhäusern können Belüftungsventile für Fallleitungen eingesetzt werden, wenn mindestens eine Fallleitung im Hauptlüftungssystem bis übers Dach geführt wird.
  •  In Reihenhäusern, in denen die Abwasserleitung an einer Sammelleitung angeschlossen ist und nicht mehr als 3 Geschossebenen vorhanden sind.
  •  Es dürfen nur Belüftungsventile eingesetzt werden, für die eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik vorliegt.
Die neuen Abwassernormen eröffnen die Möglichkeit, Einzel- und Sammelanschlussleitungen höher zu belasten, wenn sie belüftet werden. In diesem Fall kann ein Lüftungsventil, bei Einzelanschlussleitungen unmittelbar in Fließrichtung nach dem Siphon, bei Sammelanschlussleitungen nach dem letzten anzuschließenden Objekt, installiert werden. Durch deren Belüftung dürfen z.B. Einzelanschlussleitungen bis zu 10 m lang sein, sie brauchen nur noch ein Mindestgefälle von 0,5 % und es können eine unbegrenzte Anzahl von 90-Grad-Bögen eingesetzt werden.
 
Der ventilair duplex arbeitet einerseits wie ein Rohrbelüfter, der bei Unterdruck über ein Ventil Luft einströmen lässt. Andererseits hat er auch die Funktion eines Entlüfters. Baut sich beim Ablaufen des Wassers ein Überdruck auf, schließt das Ventil. Öffnungen in der Filterkartusche ermöglichen das Ausströmen der Luft. Das Abwassersystem wird dadurch kurz entlüftet. Gleichzeitig werden die Kanalgerüche durch den Aktivkohlefilter neutralisiert. Bei Wasserrückstau schließt der Dichtkörper und verhindert den Austritt von Wasser. Zusätzlich schützt er den Aktivkohlefilter vor Nässe.
Ein beheizbarer Rohrbelüfter für den Außenbereich ist mit einer Thermostatregelung ausgestattet und verhindert das Einfrieren des Ventils auch bei hohen Schneedecken oder Schneeverwehungen. Ein Ringspalt um den Belüfter gewährleistet eine notwendige Luftzufuhr. Der Einsatzbereich liegt zwischen -40 bis +110 °C ausgelegt. Ein integrierter Thermostat schaltet automatisch bei einer Temperatur von +5 °C ein und bei +15 °C wieder aus.
Unter folgenden Bedingungen dürfen keine Belüftungsventile eingesetzt werden:
  •   für die Belüftung von Hebeanlagen
  •  in rückstaugefährdeten Bereichen
  •  in Gebäuden mit mehr als 3 Geschossebenen, an die Sanitärräume angeschlossen sind
  •  in Abwassersystemen,die an Hauskläranlagen (Kammergruben) angeschlossen sind

Wenn das Ventil in einer Vorwandinstallation oder hinter einer Wand eingesetzt wird, dann muss es zum Auswechseln erreichbar sein. Der Einbau eines Revisionsrahmens mit Gitter als Zuluftöffnung mit etwa 20 cm2 muss vorhanden sein, damit genügend Luft zur Verfügung steht.
Sollten die Ventile in einem frostgefährdeten Bereich eingebaut werden, dann sind Ventile mit werkseitig wärmegedämmter Abdeckhaube einzusetzen.

 
Der KESSEL-Belüftungssiphon ist ein Siphon mit einer Geruchverschlusshöhe von 50 mm und einem integrierten Rohrbelüfter, der anstatt herkömmlicher Röhren- oder Flaschensiphons eingebaut werden kann
Die neue Generation von Rohrbelüftern - ventilair®  + ventilair duplex
Direkte Nebenlüftung
Indirekte Nebenlüftung
Sekundärlüftung
Quelle: IZEG
In höheren Häusern wird es zunehmend schwieriger, den Druckschwankungen in Schmutzwasser-Fallleitungen nur mit der Hauptlüftung in den Griff zu bekommen. Die Ursachen entstehen durch höhere Belastungen und den größeren Geschwindigkeiten. Zur Erhöhung der Funktionssicherheit und Belastbarkeit von Schmutzwasser-Fallleitungen in höheren Häusern gibt folgende Lüftungssysteme:

Direkte Nebenlüftung

Bei der direkten Nebenlüftung wird die Fallleitung durch eine parallel verlaufende Leitung von ihren Lüftungsaufgaben entlastet. Die Abflussleistung kann gegenüber dem Hauptlüftungssystem wesentlich gesteigert werden.
Diese Lüftungsmaßnahme ist geeignet für Fallleitungen mit kurzen Einzel- bzw. Sammelanschlussleitungen (fallleitungsorientierte Systeme).

 

 

Indirekte Nebenlüftung
Die indirekte Nebenlüftung ist im Ansatz bereits gegeben, wenn lange Sammelanschlussleitungen vorhanden sind (sammelleitungsorientierte Systeme). Die max. Abflussleistung ist wesentlich höher als beim Hauptlüftungssystem.
Die Nebenlüftungsleitungen können gemäß DIN 1986-100 durch Belüftungsventile ersetzt werden. Zur höheren Funktionssicherheit sollten Nebenlüftungsleitungen zur Be- und Entlüftung bevorzugt werden.

 

 

 

 

 

Sekundärlüftung

Die Sekundärlüftung setzt sich zusammen aus direkter Nebenlüftung der Fallleitung und der Umlüftung jeder Anschlussleitung an die direkte Nebenlüftung. Durch diese Maßnahmen garantiert das System einen sehr günstigen Druckverlauf und eine Mehrbelastung gegenüber Fallleitungen mit Hauptlüftung.
Der erforderliche Mehraufwand bei der Installation dieses Systems lässt sich jedoch in der Praxis kaum rechtfertigen, zumal mit den anderen Lüftungssystemen dem Planer ausreichende Lösungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Kanalgase sind übelriechende Ausdünstungen aus Abwasserkanälen, die über die Entlüftung der Abwasserinstallation abgeführt werden müssen. Die Gas entstehen aus den Abwässern, Exkrementen und Küchenabfällen, die sich in den Rohren ablagern. Normale Ausdünstungen sind nicht schädlich. Erst wenn Abfallstoffe durch Stagnation in den Leitungen verfaulen, entstehen gesundheitsschädliche Gase (z. B. Methan, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff, Ammoniak).
Damit diese Gase nicht in die Räume eines Gebäudes gelangen, sind alle Sanitärgegenstände mit einem Geruchsverschluss (Siphon) anzuschließen. Außerdem sind die Gase einer Abwasserinstallation durch die Entlüftung über das Dach abzuführen.
• Methan ist ein ungiftiges, farbloses, geruchloses und energiereiches Gas. In Konzentrationen von 5 - 15 Vol.-% in Luft bildet es explosionsfähige Atmosphäre. Dies ist die hauptsächliche Gefährdung. Daneben hat es eine schwach narkotische Wirkung.
• Kohlendioxid ist ein farbloses, schwach säuerlich schmeckendes und riechendes Gas. Es trägt ebenso wie Methan wesentlich zur Sauerstoffverdrängung bei. Bereits in geringen Konzentrationen wirkt es toxisch. In Kommunen, wo stark kohlensäurehaltiges Quellwasser (z. B. Mineralwasser) in das Abwassernetz eingeleitet wird, wurden schon Kohlendioxid-Konzentrationen von 15 Vol.-% gemessen.
• Schwefelwasserstoff ist ein hochgiftiges Gas. In geringen Konzentrationen riecht es nach faulen Eiern. In höheren Konzentrationen werden die Geruchsnerven gelähmt und die Gefahr wird nicht mehr erkannt. Die Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf Beschäftigte ist die häufigste Ursache bei tödlichen Kanalunfällen.
Konzentration von Schwefelwasserstoff (H2S) in der Atemluft - Symptom und Wirkung
- 1 Vol.-% tödlich in wenigen Sekunden (Atemlähmung, schlagartig eintretende Bewusstlosigkeit)
- 0,1 Vol.-% Krämpfe, Bewusstlosigkeit, lebensgefährlich in wenigen Minuten, keine Geruchsempfindung mehr
- 100 ppm Reizempfindung (Brennen) an den Schleimhäuten der Augen und der Atemwege, Speichelfluss, Hustenreiz
- 1-10 ppm unangenehme und lästige Geruchsempfindung. Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK-Wert)
- 0,1-1 ppm deutliche Geruchswahrnehmung
- ca. 0,1 ppm Geruchsschwelle
• Ammoniak
ist ein farbloses, stechend riechendes, sehr leicht wasserlösliches, stark ätzendes, giftiges Gas. Mit oxidierenden Gasen bildet es explosionsfähige Gemische. Die Augen und oberen Atemwege können sehr stark gereizt werden. Unter Umständen kann es zu einem lebensbedrohlichen Erstickungszustand durch Kehlkopfschwellung und Lungenödem kommen. Diese lebensgefährlichen Beschwerden können oft erst viele Stunden nach dem Einatmen auftreten. Daneben kann es zu Brechreiz, Übelkeit, Kopfschmerzen und Reizhusten kommen. Große Mengen an Ammoniak können bei Störfällen in Kühlanlagen von Schlachthöfen und Eissporthallen in die Kanalisation gelangen.
Quelle: Dipl.-Ing. Volkmar Wilhelm

Gefährdungen durch Gase bei Arbeiten in Kanalisationsanlagen - Theorie oder tödliche Realität?
Dipl.-Ing. Volkmar Wilhelm / Tiefbau-BG, .Reinhard Wolff, Santec GmbH
Gefährdungen in Kanälen und Schächten
Dr. Curt Haefner-Verlag GmbH
Kanalgestank und Kanalzerstörung in Weferlingen ist Geschichte!
Institut für Wasserwirtschaft Halbach

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